Menschen & Mächte: 1921 - Von Deutsch-Westungarn zum Burgenland

„Wir waren ja Ungarn. Dann sind wir Österreicher geworden“, sagt die 103 Jahre alte Dame, wenn sie an ihre Kindheit im (heute) burgenländischen Rust zurückdenkt. Eine Kindheit in einer Zeit, als eine alte Ordnung unterging; eine neue aber noch nicht greifbar war.
1919 ist Österreich ein geschlagenes Land: Der erste Weltkrieg ist verloren, die Habsburger Monarchie zerfallen. Die junge Republik kämpft ums Überleben. Der Friedensvertrag von St. Germain wird zum Synonym für als unerträglich empfundene Gebietsverluste. Der Vertrag enthielt für Österreich eine einzige erfreuliche Bestimmung: Deutsch- Westungarn soll an die junge Republik angeschlossen werden. Bereits 1919 war das Gebiet durch den Vertrag von St. Germain Österreich zugesprochen worden; 1920 verpflichtete sich Ungarn im Vertrag von Trianon zur Abtretung seines westlichen Grenzlandes. Der Einmarsch der österreichischen Gendarmerie stößt auf heftige Gegenwehr ungarischer Freischärler. Es gibt Tote und Verletzte. Mit den Venediger Protokollen vom 13. Oktober 1921 schließen Österreich und Ungarn einen Kompromiss: Ungarn verpflichtet sich, für den Abzug der bewaffneten Einheiten zu sorgen; Österreich willigt in die Abhaltung einer Volksabstimmung in Ödenburg und den umliegenden Gemeinden ein. Im Vorfeld der Abstimmung kommt es zu einer wahren Propagandaschlacht.
Berührende Zeitzeugenberichte, wie jene der 103-jährigen Frieda Jeszenkowitsch und des 97 -jährigen Alois Mayrhofer lassen ein Stück österreichischer Geschichte lebendig werden. Historiker wie Gerald Schlag, Imré Tòth und Gerhard Baumgartner gehen der Frage nach, ob und wie vergangene politische Ereignisse das Zusammenleben der Volksgruppen im heutigen Burgenland beeinflussen. Die 45-minütige Dokumentation zeichnet fast in Vergessenheit geratenen Ereignisse anhand von einzigartigen Zeitzeugenberichten nach und spannt so den Bogen zwischen dem Zerfall der Donau-Monarchie und der Gegenwart im jüngsten Bundesland Österreichs.
90 Jahre Burgenland: Anlass für eine historische Spurensuche.

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